
EINKOMMENS- UND _VERMÖGENSUNGLEICHHEIT_
Wie ausgeprägt ist die Einkommens- und Vermögensungleichheit in der Schweiz? Wie schneidet die Schweiz im internationalen Vergleich ab?
VERGLICHEN MIT ANDEREN LÄNDERN WELTWEIT SIND DIE EINKOMMEN _IN DER SCHWEIZ AM GLEICHMÄSSIGSTEN VERTEILT_
Die Ungleichheit der Einkommen wird mit dem sogenannten Gini-Koeffizienten gemessen.
Die Schweiz schneidet dabei gut ab.
Um zu beurteilen, wie in verschiedenen Ländern die Einkommen verteilt sind, wird ihr Gini-Koeffizient miteinander verglichen. Dabei kann man die Ungleichheit sowohl vor als auch nach der Umverteilung messen. Die Schweiz steht im internationalen Vergleich bereits sehr gut da, bevor ein Teil der Einkommen umverteilt wird, beispielsweise durch AHV-Renten oder Sozialleistungen. Auch danach liegt sie beim Gini-Koeffizienten unter dem europäischen und weltweiten Durchschnitt.
Quelle: World Inequality Database, 2025
«Die Schweiz steht im internationalen Vergleich sowohl vor als auch nach der Umverteilung sehr gut da»
Der Gini-Koeffizient misst Ungleichheit. Er berücksichtigt dabei die gesamte Einkommensverteilung in der Bevölkerung. Der Gini-Koeffizient zeigt auf einer Skala von 0 bis 1 wie ungleich die Einkommen verteilt sind – von vollkommener Gleichheit (0), bei der alle gleich viel Einkommen haben, bis zu maximaler Ungleichheit (1), bei der eine Person über das gesamte Einkommen verfügt.
Die Schweiz weist 2022 einen Wert von 0,26 auf.
Anteil der Top-Einkommen
Quelle: World Inequality Database, 2025
Die Top-Einkommen in der Schweiz sind kleiner als in Deutschland, Frankreich oder den USA, dem Land mit der höchsten Konzentration der Einkommen. Während der Anteil des Gesamteinkommens der Top-10%-Verdienenden in der Schweiz knapp über 30% beträgt, sind es in den USA 46%.
IN DER SCHWEIZ SIND DIE UNTERSCHIEDE BEI DEN EINKOMMEN _VERGLEICHSWEISE GERING UND SEIT JAHRZEHNTEN STABIL_
Die Verteilung der Einkommen in der Schweiz ist stabil und krisenresistent. Das ist ihrer freien Wirtschaft und Handelsoffenheit zu verdanken.
Der flexible Arbeitsmarkt und das duale Bildungssystem sind zentrale Elemente für gute und stabile Einkommen. Gleichzeitig spielen aber auch die politischen Institutionen eine wichtige Rolle. In der Schweiz sind das vor allem die direkte Demokratie und der Föderalismus.
Der Gini-Koeffizient beträgt vor der Umverteilung 0,45. Nach den Transfers, beispielsweise Renten oder Sozialleistungen, beläuft er sich lediglich auf 0,3. Die Umverteilung durch Transfers verringert die Einkommensgleichheit also um 0,15.
Quelle: Bundesamt für Statistik, 2025
«Immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass die Ungleichheit grösser wird, obwohl das faktisch nicht so ist.»
Obwohl die Einkommensverteilung in der Realität in den letzten 15 Jahren gleichgeblieben ist, empfinden immer mehr Menschen, dass die Einkommen ungleicher verteilt werden. Das trägt dazu bei, dass die Einkommensungleichheit in der Schweiz grösser wahrgenommen wird, als dies faktisch der Fall ist und die Forderung nach mehr Umverteilung mehr Unterstützung findet.
Ungleichheit ist zudem nicht per se negativ zu werten: In einer offenen und freien Gesellschaft soll es Unterschiede geben, sonst geht der Anreiz verloren, Besonderes zu leisten und Verantwortung zu übernehmen. Viel wichtiger ist es deshalb, Chancengerechtigkeit zu schaffen.
DAS VERFÜGBARE EINKOMMEN DER EINKOMMENSSCHWÄCHSTEN 10% _DER BEVÖLKERUNG IST INNERT 15 JAHREN UM 12,5% GESTIEGEN_
Die Behauptung, dass der einkommensschwächste Teil der Bevölkerung immer ärmer wird, stimmt nicht.
Vielmehr ist das verfügbare Einkommen dieser 10% der Bevölkerung in den letzten 15 Jahren um 12,5% gewachsen. Im selben Zeitraum betrug die Teuerung 6,8%, das verfügbare Einkommen ist also real gestiegen.
Das verfügbare Einkommen ist in den letzten 15 Jahren deutlich angestiegen. Die Aussage, dass die Armen immer ärmer werden, stimmt für diesen Zeithorizont nicht.
Quelle: Bundesamt für Statistik, 2023
Die Armut hat eine hohe Dynamik in der Schweiz. So waren von 2019 bis 2022 16,7% der Schweizer Bevölkerung mindestens einmal von Armut betroffen. Aber nur 1,4% der Bevölkerung blieb während dieser vier Jahre arm. Dies zeigt, dass viele den Ausstieg aus der Armut wieder schaffen.
Wie kann man Armut verringern?
Weltweit zeigt sich, dass offene und liberale Märkte zu starken Verbesserungen führen. Als der globale Handel während der Pandemie eingeschränkt war, litten diejenigen mit den tiefsten Einkommen am meisten. Armut verringert sich nur, wenn Märkte offen sind und Regierungen unternehmerische Tätigkeiten erleichtern – sei es durch den Abbau von Korruption, von Bürokratie oder von hohen Abgaben.
HINSICHTLICH DER UNTERSCHIEDE BEI DER VERTEILUNG DER_ _VERMÖGEN LIEGT DIE SCHWEIZ IM EUROPÄISCHEN MITTELFELD UND_ _DEUTLICH UNTER DEM WELTWEITEN DURCHSCHNITT_
Im Vergleich zur Einkommensungleichheit ist die Ungleichheit bei den Vermögen grösser. Die Schweiz steht jedoch auch hier im internationalen Vergleich gut da.
Gründe für die Vermögensungleichheit in der Schweiz sind vor allem, dass die Immobilienpreise und viele Aktienkurse im letzten Jahrzehnt angestiegen sind. Davon hat ein sehr kleiner, bereits vermögender Teil der Schweizer Bevölkerung überdurchschnittlich profitiert.
Für diese Entwicklung trägt der Staat eine wesentliche Mitverantwortung. In den letzten Jahren sind die Staatsschulden weltweit massiv gestiegen. Die Notenbanken in Europa und den USA haben einen Teil dieser Staatsschulden finanziert, dadurch gab es viel mehr Geld auf dem Markt. Gleichzeitig haben Notenbanken weltweit die Zinsen rekordtief gesenkt, es gab sogar Negativzinsen.
Sind die Zinsen tief und ist viel «billiges» Geld verfügbar, wird mehr in Aktien und Immobilien investiert. Denn es ist bei tiefen Zinsen unattraktiver, Geld auf dem Bankkonto zu haben oder in Obligationen zu investieren. Wird mehr in Aktien investiert, steigen die Aktienkurse. Wer Aktien hat profitiert. Steigt die Nachfrage nach Immobilien, steigen die Immobilienpreise. Wer Immobilien hat profitiert.
Die richtige Antwort lautet also: Statt mehr Umverteilung weniger Staatsschulden und die Rückkehr zu einem normalen Zinsniveau.
«Die Schweiz ist eines der wenigen Länder mit einer Vermögenssteuer. Das reduziert die Ungleichheit.»
Reiche Personen in der Schweiz sind vor allem «auf dem Papier» reicher geworden. So verkleinern beispielsweise sinkende Aktienkurse das Vermögen unmittelbar wieder. Ihre Vermögen sind meist volatiler als bei anderen Teilen der Bevölkerung.
Quelle: World Inequality Database, 2025
Die Vermögensungleichheit in der Schweiz entspricht dem europäischen Durchschnitt. Zu beachten ist jedoch, dass die Schweiz eines der wenigen Länder ist, in denen noch eine Vermögenssteuer erhoben wird. Diese reduziert Ungleichheit und generiert rund 10% der gesamten Steuersumme der Schweiz.
DER MITTELSTAND IST IN DER SCHWEIZ SEIT ENDE DER 1990ER _JAHRE STABIL_
Der Bevölkerungsanteil des Schweizer Mittelstands ist seit vielen Jahren stabil. So betrug er 2000 58,1% der Gesamtbevölkerung, 2018 war der Anteil noch immer bei 54,4%.
Quelle: Bundesamt für Statistik 2024
Zum Mittelstand zählen Menschen mit 70% bis 150% des schweizweit mittleren Einkommens.
2021 waren das in der Schweiz Einzelpersonen mit einem Einkommen zwischen 4’000 bis 8’500 Franken brutto oder vierköpfige Familien mit 8'300 bis 17'800 Franken brutto. Darüber liegt der einkommensstarke, darunter der einkommensschwache Teil der Bevölkerung.